Interview: Jürg Randegger über Trümpfe und Tücken im Leben eines Jassers

In Zusammenarbeit mit unserem Partner Hörmeier GmbH durften wir ein Interview mit Jürg Randegger (85) führen. Jürg Randegger war von 1975 bis 1999 Moderator von über 400 Jass-Sendungen vom Schweizer Fernsehen. Bekannt ist es als langjähriger Moderator vom «Samschtig Jass». Im Interview spricht Olivier Foraita mit Jürg Randegger über Trümpfe und Tücken im Leben eines Jassers.

Welche Beziehung haben Sie zu dem berühmt berüchtigten Kartenspiel Jassen?

Jürg Randegger: Die Beziehung basiert natürlich auf dem, dass ich ca. 25 Jahre eine Jasssendung am Fernsehen präsentieren durfte. Und zwar der Samstagjass, welcher heute noch besteht und nachher auch noch der Mittwochjass, welcher heute „Donnstigjass“ heisst, welche dann Live am Abend ausgestrahlt wurden. Aber sonst war ich kein grosser Jasser. Ich kann Jassen und ich denk ich bin ein guter Jasser und ich jasse auch bei Gelegenheit mit einer kleinen Gruppe, aber ich bin kein fanatischer Jasser.

Jassen Sie heute auch noch, und bei welcher Gelegenheit?

Ja so ungefähr im Durchschnitt sechs bis sieben Mal im Jahr mit gleichaltrigen welche dasselbe Schulhaus gingen wie ich. Alles alte Herren. Und wir wissen nie, ob jemand ausfällt.

Was sind Ihre Trümpfe?

Meine Trümpfe sind eigentlich von privater Natur. Mein grosser Trumpf ist meine Frau, mit welche ich heute 56 Jahre verheiratet bin, und wir haben es immer noch sehr schön miteinander. Und der zweite grosse Trumpf ist meine Familie, meine zwei Kinder, meine Tochter und mein Sohn. Wie haben eine sehr gute und schönes Familienverhältnis und ich glaube das ist die Grundlage meines Lebens.

Welche Bedeutung hat das Kartenspiel Jassen für die Schweiz?

Für die Schweiz ist das Jassen ein Nationalsport, jedoch etwas unsportlich welches man im Sitzen ausüben kann. Man kann es auch ein Nationalspiel nennen. Es ist wie der Schwingsport, nirgends in einem anderen Land wird es ausgeführt und darum sind wir auch absoluten Könige bei diesem Sport. Sehr amüsant ist es, dass es regionale grosse Unterschiede gibt. Der Göpf Egg hat in seiner Zeit, damit man Turniere durchführen konnte, ein Jassreglement geschrieben. Dies schrieb er über mehreren Jahren, er war ein Reisender in der Textilbranche und war somit in der ganzen Schweiz unterwegs. Er sah, dass es überall in der Schweiz andere Jassregeln gab und wenn man sich an den Jasstisch setzte, mussten die Regeln im Vorhin besprochen werden. Er sagte sich, hier muss eine einheitliche Regel her, doch dies bedeutet nicht, dass Alle nach diesen Regeln spielen müssen. Denn regional können sie immer ihre bekannten Regeln anwenden. Aber wenn sie an einem Tournier antreten, dann müssen sie sich an die schweizerischen Regeln halten. Das hat er durchgesetzt und nur darum konnte man dann Turniere durchführen.

Wie sieht es aus mit den nächsten Generationen? Werden diese auch noch jassen?

Das ist schwer zu beurteilen. Ich denke nicht das die Sportart Jassen aussterben wird. Das Jassen wird von der älteren Generation an die jüngere weitergegeben. Es kann aber auch sein, dass die Leute einmal nicht mehr viel jassen aber auch das Gegenteil ist möglich. In der heutigen Corona-Zeit ist es grundsätzlich schwierig, da sollte man ja nicht mit fremden Leuten am gleichen Tisch sitzen und darum wird momentan sicher weniger gejasst. Ich bin mir sicher, jassen wird nie untergehen und speziell auch mit der Jasssendung im TV wird immer gejasst.

Welches Vorurteil gegenüber Jasser würden sie gerne entkräften?

Da gibt es keine grosse Vorurteile. Was denken Sie was könnte man über Jasser sagen? Es ist so, dass das Jassen über alle Gesellschaftsschichten durchgeht. Auch welche die zuhause jassen und nicht im Restaurant. Ich z.B. jasste während meiner Zeit im TV nie in einem Restaurant, denn ich dachte mir, wenn ich einmal anfange, wolle gleich alle mit mir jassen und beweisen, dass sie bessere Jasser sind als ich. Dafür hatte ich einen Trick und sagte, solang ich die Sendung moderiere ist es mir untersagt in der Öffentlichkeit zu jassen. So konnte ich es umgehen. Was ich jedoch sehr gerne gemacht habe ist, wenn in einem Restaurant gejasst wurde, mich dazu zu setzten und zu beobachten. Da sah ich auch, wie verschieden die Leute jassten und verhielten.

Was ist ihre Lieblings Anekdote, wenn sie zurück blicken an die Zeit als Samstagjass Moderator?

Wir haben unsere Sendungen aufgezeichnet, es waren also keine Livesendungen. Immer an einem Mittwochnachmittag, an dem ich frei hatte in der Schule, nahmen wir zwei Sendungen auf. Dies reichte dann für einen Monat, da jeweils die Sendung jede zweite Woche ausgetragen wurde. Erstens wurden dann aufgezeichnet, weil am Samstag kein Studio frei war, und zweitens, weil der Aufwand für eine Livesendung viel zu gross gewesen wäre für eine so kleine Sendung. Drittens wäre es auch sehr schwierig gewesen eine prominente Person an einem Samstag zu engagieren. Darum war die Sendung aufgezeichnet. Darum haben wir wieder an einem Mittwoch vor den Ostern zwei Sendungen aufgezeichnet, und da habe ich natürlich nach der ersten Sendung zum Abschluss den Zuschauern zuhause am Bildschirm freundlich ‚eine frohe Ostern‘ gewünscht. Anschließend bei der zweiten Sendung hatten wir dann einen Zauberer und einen Wahrsager, welche sehr faszinierend waren. Wahrscheinlich war ich darum etwas verwirrt am Schluss und wünschte nochmals den Zuschauern frohe Ostern. 30 Sekunden später realisierte ich es, dass diese Sendung erst 14 Tage nach dem Ostern ausgestrahlt wird. Ich dachte mir das sei kein Problem und man könne diesen Teil einfach rausschneiden. Der Regisseur meinte jedoch dies würde stören, da die Sendung immer in einem Fluss und keinem Schnitt produziert wird und dementsprechend wie Live aussah. Ich wartet dann darauf was passiert, vor allem von dem Zuschauer und Zuhörer. Viel ist aber nicht passiert.  Trotzdem hatte ich dann den Spott, als mich dann meine Kollegen ein Jahr immer mit Frohe Ostern begrüssten. Das war eigentlich mein einzig grosser Fauxpas.

Ernst Marti (links) und Jürg Randegger am Jasstisch (1995)
Ernst Marti (links) und Jürg Randegger am Jasstisch (1995)

Welcher Sinn ist für einen Jasser am wichtigsten?

Ich denke das Gedächtnis. Das man sich erinnert was gespielt wurde. Derjenige der die Karten, welche gespielt wurden, am besten erinnert, ist der beste Jasser. Mir ist es nie gelungen wie dem Göpf Egg, der konnte nach vier bis fünf von neuen Stichen sagen was alle Mitspieler in den Händen haben. Das ist eine Gabe, welche man besitzt und mit dieser kann man auch besser jassen. So kann man taktisch viel mehr herausholen.

Was bedeutet das Gehör für ein Jassliebhaber?

Eigentlich dürfte man während dem Spiel nichts sagen, welches das Geschehen verraten kann. Wenn man gar nichts hört ist es auch nicht vorteilhaft und sonst muss man sich einfach konzentrieren und die Umgebungslaute ausblenden, wenn man in einem Restaurant ist.  

Flüstern darf man ja auch nicht. Es gibt schon Leute, welche mit Zeichen kommunizieren. Das sind diese, welche regelmässig miteinander jassen. Da gibt es natürlich einige Varianten. Es gibt auch einen Jass, ein Innerschweizer Jass, der Name ist mir entfallen [Kaiserspiel, Anmerkung Red.]. Man muss zum Beispiel ans linke oder rechte Ohr fassen und alles hat seine Bedürfnisse. Oder mit dem linken oder rechten Auge Zwickern. Dies ist eine sehr amüsante Sache.

Darf man das offiziell machen?

Ja das ist offiziell. Aber das wissen dann alle Mitspieler. Alle sehen einander und somit ist es wieder ausgeglichen.  

Was sollte eine Person mit Hörbeeinträchtigung speziell achten? Gibt es da Tipps und Tricks?

Ja ich bin ja auch hörbeschädigt. Ohne Hörgerät kann ich auch nicht mehr unter die Leute, da ich sonst nichts höre. Und es gibt auch tägliche Unterschiede, da die Ohren manchmal mehr oder weniger verstopft sind und das bereitet mir Schwierigkeiten. Da habe ich bemerkt, dass wenn man gut hört, bereichert das die Lebensqualität und wenn man dank diesen Hörgeräten wieder zum Hören kommt ist man sehr dankbar.

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    Dieses Interview wurde von Olivier Foraita von der Hörmeier GmbH durchgeführt. Hörmeier GmbH ist Partner vom Schweizer Jassverzeichnis. Bilder Copyright: SRF/Jürg Randegger.